Von: Michael Jetten am Februar 11th, 2021
Europaweit oder doch regional? HR-Trends im Praxis-Check
Durchschnittliche Lesezeit: 5 min.
Sprechen wir in der HR von Trends oder doch von kurzfristigen Hypes? Jedes Jahr zu Jahresbeginn veröffentlichen fast alle namenhaften Teilnehmer des HR-Markts prognostizierte Trends für das neue Jahr. Auch bei UKG starten wir ein neues Jahr mit der Veröffentlichung unserer Mega Trends. Aber was ist dran, an Trends, wie KI in der HR, Mitarbeiterfokus, Employee Experience und Co.? Sind das Eintagsfliegen oder sollten sich HR-Abteilungen diese Trends wirklich zu Herzen nehmen?
Jahrestrends: Grundstein für die Future of Work?
Wenn wir eines in den letzten Jahren gelernt haben, dann dass sich die HR, deren Aufgaben und Ausrichtung schnell und dynamisch verändern – insbesondere durch Themen, wie Digitalisierung und die veränderte Erwartungshaltung auf Mitarbeiterseite. Wenn wir die Trends der letzten Jahre näher betrachten, können wir schnell feststellen, dass Digitalisierung und Mitarbeiterfokus zunehmend in den Mittelpunkt gerückt sind – alleine die Perspektiven und Handlungsempfehlungen verändern sich von Jahr zu Jahr. Macht das Sinn? Ein klares Ja!
Der Weg zur Future of Work ist nicht mit einem Schritt getan, es ist ein Prozess, bei dem Unternehmen und HR-Spezialisten erst lernen müssen, was es bedeutet, die eigenen Aktivitäten zukunftsorientiert zu gestalten. Der technische Fortschritt, Cloud-Technologien, Globalisierung, der Fachkräftemangel oder eine globale Pandemie bestimmen die Ausprägung und die jeweils nächsten Schritte auf dieser Reise. Was passiert also, wenn Unternehmen die jährlichen HR Trends ignorieren und sich lieber auf ihre eigenen Ansichten fokussieren? Es kann gut gehen, muss es aber nicht!
Die Trends, von denen wir zu Beginn eines jeden Jahres lesen, basieren auf eingehenden Analysen des vergangenen Jahres, Beschäftigtenzahlen, technischer Innovationen und der Verhaltensweise der Mitarbeiter. Experten setzen sich intensiv mit dem Geschehen auseinander und bewerten kritisch, wie sich die Trends und Empfehlungen aus dem letzten Jahr entwickelt haben. Die Jahrestrends bauen also aufeinander auf. Dadurch sind sie ein sinnvoller Leitfaden für Unternehmen und CHROs, um die Entwicklung der eigenen Personalabteilung zu steuern und die Mitarbeiterzufriedenheit zu optimieren.
Was ist dran, an “regional zuerst”?
In erster Linie fokussieren sich Unternehmen auf die regionalen Gegebenheiten, wenn es darum geht, die Personalabteilung zukunftssicher zu machen. Aber lassen sich diese Tendenzen einfach so auf unsere europäischen Nachbarn übertragen? Können internationale Unternehmen einen europaweiten “One-Size-Fits-All"-Ansatz verfolgen, wenn es um Personalthemen geht? Erst kürzlich haben wir für unsere Podcast-Reihe “Let’s Talk HR!” mit verschiedenen HR-Größen aus Europa gesprochen. Die Influencer, Berater und Spezialisten haben die Mega Trends von UKG für das Jahr 2021 kritisch kommentiert und ermöglichen einen echten Eindruck der europaweiten Entwicklungen und Wahrnehmung. Experten, wie Tom Haak, Samuel Durand und Sabine Kluge sind sich zum Beispiel einig, dass die aktuelle Pandemie die grundlegenden HR-Trends nicht neu erfunden, sondern einfach beschleunigt hat.
Themen wie flexible Arbeitsmodelle haben bereits in den letzten Jahren viel Zuspruch erhalten, besonders traditionelle Unternehmen haben sich aber eher zögerlich in deren Umsetzung gezeigt. Durch die aktuelle Lage waren genau diese Unternehmen gezwungen, flexible Arbeitsmodelle mit Home-Office-Möglichkeiten zu schaffen, um trotz Pandemie weiter arbeiten zu können. Es stellt sich raus: Das funktioniert! Dadurch kommen aber neue Themen auf den Tisch, die sich in den Trends 2021 widerspiegeln, und zwar in ganz Europa. Work-Life-Blending oder sind es Synergien? Gilt der Grundsatz “People before Profit” und vor allem wie verändert sich das Rollenbild der HR?
Wir können also sagen, es gibt europaweite HR-Trends. Aber, unsere Lösungsansätze und Handlungsempfehlungen müssen sich regional unterscheiden. Denn, auch wenn Unternehmen überall vor ähnlichen Herausforderungen stehen, so sind die Ausgangssituationen und regionalen Gegebenheiten doch sehr unterschiedlich. Ein “One-Size-Fits-All"-Ansatz ist keine praktikable Lösung für Personalabteilungen internationaler Unternehmen auf ihrem Weg zur “Future of Work”. Es sind die regionalen Nuancen, die z.B. Digitalisierungsprojekte erfolgreich machen – nehmen wir Deutschland als Beispiel: In keinem anderen Land ist der Betriebsrat von einer solch entscheidenden Wichtigkeit und die Arbeitsschutzgesetzte sind mit denen aus den Niederlanden, Großbritannien oder Frankreich kaum direkt vergleichbar.
Was können internationale Unternehmen also tun?
Während der Aufnahmen zu unseren Podcasts haben wir einen guten Eindruck gewonnen, welchen Herausforderungen unsere europäischen Kollegen gegenüberstehen. Samuel Durand, Pionier der “Future of Work” und Dokumentarfilmer aus Frankreich unterstreicht beispielsweise die Probleme traditioneller Unternehmen, die im letzten Jahr zu neuen Arbeitsmodellen gezwungen wurden. Er ist sich sicher, dass es keine Anwesenheitskultur geben kann, wenn Home-Office wirklich erfolgreich sein soll. Das kommt Ihnen bekannt vor?
Viele deutsche Unternehmen stehen genau vor diesem Problem. Praktiken, die in der Bürokultur funktionierten, sollen eins zu eins auf das virtuelle Arbeiten übertragen werden. Sabine Kluge, HR-Influencerin und LinkedIn TopVoice, spricht wiederum von der Problematik des Work-Life-Blending, darüber dass die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben im Home-Office immer weiter verschwimmen und viele Arbeitnehmer Schwierigkeiten haben, selbst Grenzen abzustecken. Im Interview mit Samuel Durand fielen ähnliche Bemerkungen – der deutsche und französische Markt scheinen sich auch hier zu ähneln.
Tom Haak, Leiter des HR-Trend-Institute, spricht von der Veränderung der HR-Rolle von einer rein operativen zu einer strategischen Funktion. Auch hier… Parallelen zu den Interviews mit anderen HR-Spezialisten unserer Podcast-Reihe, aus unterschiedlichen Ländern. Ein guter Tipp für alle internationalen Unternehmen ist, zuerst einmal die Herausforderungen der verschiedenen Standorte zusammenzutragen, zu konsolidieren und gemeinsame Tendenzen herauszuarbeiten. Regionale Umsetzungen sollten jedoch in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen lokalen Teams erarbeitet werden. Funktioniert eine Herangehensweise in einem Land, kann die Tauglichkeit für weitere Standorte geprüft werden.
Das Rechteck passt nicht in die kreisrunde Öffnung, das sollten sich Entscheider immer vor Augen führen, wenn sie feststellen, dass ein Ansatz in einem Land funktioniert, aber für ein anderes schwierig erscheint. Dann muss ein neuer Ansatz geschaffen werden, nur so kann sich ein Unternehmen wirklich für Future of Work wappnen und sowohl die Kollegen aus den HR-Abteilungen als auch alle anderen Mitarbeiter zufriedenstellen.
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