Von: Corinna Raedecke-Bender am Januar 14th, 2021
In 5 Schritten HR-Prozesse optimieren: Das Erfolgskonzept für eine positive Employee Experience
Durchschnittliche Lesezeit: 7 min.
Der Begriff Employee Experience ist in aller Munde, aber was steckt eigentlich dahinter? Im Grunde baut die Employee Experience auf zwei wesentliche Dingen auf: Richtlinien und Prozesse. Diese Tatsache ist weder besonders neu, noch weckt sie unbändiges Interesse. Einige HRler reagieren auf diese Erkenntnis mit einem Lächeln, weil sie wissen, wie schwer es ist, diese Themen wirklich interessant zu gestalten. Andere sind abweisend und bezeichnen es als Selbstverständlichkeit, die nun wirklich jeder kennen sollte.
Gleich, wie die Reaktion auch ausfällt, bleibt es oft fraglich, wie deutlich das Verständnis für den Zusammenhang zwischen den Baustein und der Gestaltung einer positiven Employee Experience wirklich ist? Die zentralen Fragen bei der Integration neuer Richtlinien und Prozesse sollte immer lauten:
- Warum mache ich das eigentlich?
- Wie gehe ich bei der Umsetzung vor?
- Werden Anregungen aus den eigenen Netzwerken, z.B. aus populären Blogs oder von Meinungsführern übernommen?
- Stützen sich HR-Kollegen auf Praktiken vom letzten Arbeitgeber, weil diese gut funktionierten?
#1 – Die menschliche Komponente von Richtlinien und Prozessen
Ohne den Menschen geht es nicht – auch nicht beim Experience Design. HR-Fachleute sollten immer darüber nachdenken, welchen Einfluss neue Richtlinien auf einen Mitarbeiter haben; insbesondere dann, wenn die aktuellen Bedürfnisse oder Umstände von der Norm abweichen. Dabei spielt es keine Rolle, ob Richtlinien oder Prozesse transparent im Vordergrund oder automatisiert im Hintergrund ablaufen. Die Sorge des Mitarbeiters gilt in der Regel einzig und allein dem Ergebnis und der Bewältigung sämtlicher Hürden auf dem Weg zu diesem Ziel.
Es ist kein Geheimnis, das Prozesse moderner HR-Abteilungen flexibel und agil sein müssen, um die Zufriedenheit auf beiden Seiten – Mitarbeiter und HR-Kollegen – zu fördern. Unnötige Bürokratie z.B bei der Beförderung von Mitarbeitern oder überholte zeitliche Beschränkungen unter anderem bei der Einstellung von neuen Kollegen verlangsamen die Effizienz der gesamten Unternehmung und führen dazu, dass die Employee Experience leidet.
#2 – Das Wichtigste zuerst: Prozesspriorisierung
Ganz gleich, ob die HR-Service-Delivery Ihres Unternehmens geplant umgestaltet oder gezielt weiterentwickelt werden soll, der erste Schritt zum Erfolg ist die Priorisierung von Prozessen und Services. Diese Aufgabe ist häufig komplex, da konventionelle Sichtweisen und bestehende Prozesse in Frage gestellt werden und von Beginn an eine interne Akzeptanz geschaffen werden muss.
Unsere Empfehlung: Erstellen Sie eine Liste mit den wichtigsten Prioritäten und machen Sie die Umsetzung messbar. Kategorisieren Sie den vollständigen Prozess und beachten Sie die Co-Abhängigkeit von Aufgaben, die sowohl Auslöser als auch Aktion sein können. Optimieren Sie beispielsweise das Onboarding, kann ihre Prozessliste die Vertragsunterschrift des Kandidaten, alle Pre-Boarding-Aktivitäten bishin zur Einarbeitung am ersten Tag umfassen.
Für jeden Prozess sollte ein Verantwortlicher definiert werden, der die Kommunikation und Dokumentation übernimmt. Diese Zuständigkeiten sind idealerweise öffentlich nachvollziehbar. Die Priorisierung der Prozesse liegt dementsprechend in der Hand des Verantwortlichen und stützt sich im Grunde auf zwei simple Parameter: den Umfang und das Volumen des HR-Projekts. Ein begrenzter Umfang führt zu einem geringen Volumen wohingegen ein globaler Umfang zu einem hohen Volumen führen kann. Logisch oder?
Zusätzliche Parameter helfen dabei, die Ressourcenauslastung besser zu planen und zu begründen. Sollten wichtige Stakeholder Ihre Prioritäten in Frage stellen, muss eine wichtige Überzeugungsarbeit geleistet werden. Hierfür kann es beispielsweise ratsam sein, die Auswirkungen des Prozesses oder Services auf die Compliance und den Gesamtaufwand, den der Prozess heute erfordert, zu berücksichtigen. Dadurch können sich ursprüngliche Prioritäten verändern oder ein unkonventioneller Weg zur Optimierung der HR-Prozesse eingeschlagen werden. Das macht es umso wichtiger, den eigenen Aufgabenbereich während des Prozesses zu verstehen und umzusetzen.
Beispiel 1: Wollen Sie die Produktivitätsrate verbessern? Dann sind Aufgaben mit geringem Aufwand vorerst uninteressant – ganz gleich, wie hoch das Volumen oder der Umfang bewertet wurden.
Beispiel 2: Wollen Sie das Unternehmen auf einen geplanten Börsengang vorbereiten? Dann sind Compliance-Prozesse höchstwahrscheinlich von oberster Priorität.
Die Umsetzung solcher Veränderungen kann jedoch nicht im Alleingang erfolgen und erfordert das Engagement des gesamten HR-Teams. Die langjährige persönliche Erfahrung eines Einzelnen ist zwar wichtig, jedoch entscheiden an dieser Stelle die unterschiedlichen Kompetenzen und Perspektiven aller Team-Mitglieder und dazu gehören sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter der operativen HR-Service.
#3 – Sinnvolle Gestaltung der Arbeitsabläufe durch Prozess-Mapping
Step 1: Die Prozesse wurden definiert; nun müssen Sie realistisch abgebildet werden – das erfordert ausreichend Zeit. Dazu ist es nicht zwingend notwendig, eine spezielle Software zu nutzen oder Spezialisten im Team zu haben; es ist jedoch wichtig, dass alle Beteiligten involviert werden und zur Vollständigkeit der Abbildung beitragen. Machen Sie eine Liste aller Aktionen: Jede Aufgabe oder Transaktion, jedes System und jeder Kontakt mit einem Mitarbeiter oder Personalmanager. Wählen Sie die aktuelle Situation als Startpunkt Ihrer Aufzählung. Es ist essenziell, dass sie diese Inventur erst abschließen, bevor sie anfangen, Probleme zwischendurch zu beheben, so verursachen Sie nur unnötiges Chaos.
Step 2: Nachdem Sie alle Schritte katalogisiert haben, müssen Sie bestimmen, wie lange jede einzelne Aufgabe unter üblichen Umständen dauert. Wählen Sie keine Extremwerte, da dies zu einer Verzerrung des Projektplans führen kann – Ihr Ziel: Den aktuellen Zustand zu bestimmen und Schwachstellen zu identifizieren und zu verstehen.
Step 3: Was ist das Hauptziel der Prozessoptimierung? Im Idealfall mehr Effizienz und Produktivität. Das Bewusstsein hilft Ihnen dabei, den kritischen Pfad zur Umsetzung zu definieren. Hier legen Sie fest, welche Meilensteine zwingend erreicht werden müssen, um den Optimierung erfolgreich umzusetzen. Überprüfen Sie beispielsweise den Prozess zur Vergabe von Zuschüssen, müssen Sie bedenken, dass die Zustimmung vom Betriebsrat oder Vorstand zwingend notwendig ist und im HR-System übernommen werden muss. Ohne diese Meilensteine ist der Prozess nicht abschließbar.
Step 4: Überlegen Sie kritisch, welche Systeme derzeit im Einsatz sind und welche technischen Lücken bestehen, die geschlossen werden müssen, um die Effizienz zu steigern. Ergänzen Sie den katalogisierten Prozess um den kritischen Pfad, alle Hauptauslöser und zwingend notwendigen Schritte. Streichen sie alle Personen aus dem Prozess, die keinen Nutzen liefern oder die Compliance fördern. Bündeln Sie die Kommunikation, identifizieren Sie die wichtigsten Kommunikationsstellen und bestimmen Sie die Verantwortlichkeiten für alle Aktivitäten.
Step 5: Zum Schluss sollten Sie den Prozess ganzheitlich überprüfen – mit dem ganzen Team. Ein besonderes Augenmerk sollte auf dem Faktor Mensch liegen, denn die Akzeptanz und das Verständnis des Prozesses sind ausschlaggebend für eine erfolgreiche Implementierung . Sind also die Genehmigungsstufen, Wartezeiten und Anforderung nachvollziehbar? Hier nimmt der Prozess einen direkten Einfluss auf die Employee Experience.
Fazit: Erfolgreiche HR-Maßnahmen – erfolgreiche Mitarbeiter
Für den Großteil der Mitarbeiter sind Prozessthemen und Richtlinien eher langweilig. Aber wenn sie diese durch die Brille der menschlichen Zusammenarbeit betrachten, erscheinen sie in einem neuen Licht. Sie geben Ihnen die Möglichkeit, etwas ganz Alltägliches und Selbstverständliches zu beeinflussen, damit Ihre Mitarbeiter Prozesse als Unterstützung und nicht als Störfaktor wahrnehmen. HR ist der Motor des Unternehmens und ermöglicht den Mitarbeitern, sich voll und ganz auf die eigentliche Arbeit zu konzentrieren. Schlussendlich ist auch jeder HR-Kollege ein Mitarbeiter. Diese Erkenntnis kann Ihnen dabei helfen, herkömmliche Vorgehensweisen kritisch zu hinterfragen und sich selbst und dem HR-Team ein ehrliches Feedback und eine entsprechend faire Bewertung zu geben.
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